"Es hat sich gelohnt, mich aus meiner Komfortzone bewegt zu haben"

„Mein junger Glaube im Alltag“–darüber schreiben jeden Samstag junge Frauen und Männer aus dem Team der „Jungen Federn“ der „Tagespost“. Sie notieren, was sie persönlich gerade mit ihrem Glauben erleben.

Seit drei Jahren wohne ich im International College Campus Müngersdorf und ich habe es an keinem Tag bereut. Bis zu meinem Abitur war ich mir immer sicher, dass ein Studentenwohnheim für mich nicht in Frage kommen würde. Erst recht nicht eines vom Opus Dei und schon gar nicht ein StudentINNENwohnheim, in dem nur Frauen zusammenleben – kann das gutgehen? Mein erster Eindruck, als ich in Müngersdorf ankam: Es kann gut gehen! Nicht nur, dass hier ausschließlich Frauen friedlich zusammenleben, hier leben Frauen unterschiedlichster sozialer und kultureller Herkunft und oft auch unterschiedlicher Religion. Für mich ist das ein Vorbild für unsere Gesellschaft.

Das Ganze ist aber nicht selbstverständlich. Das harmonische Zusammenleben ist auch damit verbunden, dass man bereit dazu ist, selbst täglich etwas mehr zu geben als zu nehmen. Die Mitbewohnerin, die gerade Hilfe braucht, die Küche sauber zu halten, gemeinsam zu lernen und harte Klausurenphasen durchzustehen, Sozialeinsätze zu organisieren, an Vorträgen teilzunehmen und noch so vieles mehr, was dazugehört, um ein familiäres Ambiente zu schaffen, in dem sich jede Studentin wie zu Hause fühlen und persönlich wachsen kann .Natürlich gibt es auch Krisen, weil es auch häufig Tage gibt, an denen es nicht leicht fällt, dieses Ideal zu leben. Aber genau diese sind gut, denn dadurch lernt man, mit kleineren und größeren Konflikten umzugehen, die das Leben nun mal mit sich bringt – nicht nur in Müngersdorf.

Warum aber das Zusammenleben meistens sehr viel Spaß macht und gut gelingt, hängt für mich vor allem auch mit den christlichen Grundwerten zusammen, nach denen das Haus ausgerichtet ist, und damit, dass sich viele auch persönlich darum bemühen, sie zu verwirklichen. Von dem geistlichen Bildungsangebot profitieren nicht nur Katholiken, sondern alle, die davon profitieren möchten. Für viele, auch solche, die selbst nicht in Müngersdorf leben, ist das College eine geistige Tankstelle, einerseits durch die Bildungsangebote der Priester, aber auch einfach durch das Zusammenleben und die dabei entstehenden Gespräche, bei denen man merkt: Ich bin nicht alleine mit meinen Ansichten und vor allem nicht alleine mit meinem Glauben. Das motiviert und gibt sehr viel Kraft für den Alltag und das gesamte Leben.

Ich persönlich habe in Müngersdorf sehr viel für mein Leben gelernt, viel gelacht und erhalte immer wieder die Bestätigung, dass es sich absolut gelohnt hat, mich aus meiner Komfortzone bewegt zu haben, um über meine eigenen Grenzen hinweg ein Mensch zu werden, der die Gesellschaft positiv gestalten kann. Aber ich habe auch viele Freundinnen aus der ganzen Welt gewonnen, die Teil meiner Familie geworden sind, und wunderschöne Momente erlebt, die ich nie vergessen werde.

Die Autorin, 21, studiert Germanistik und Geschichte in Köln

Die Tagespost, Würzburg 28.05.2016