Den Frieden Gottes in viele Herzen tragen

Bischof Alvaro del Portillo, Nachfolger des Opus-Dei-Gründers Josefmaria Escrivá, wurde seliggeprochen. Über 150.000 Menschen feierten mit. Prälat Christoph Bockamp, Regionalvikar des Opus Dei in Deutschland, berichtet von seinen Eindrücken.

Man sagt ja: Der erste Eindruck entscheidet, der letzte bleibt hängen. Beim Abflug von Madrid nach der Seligsprechung von Don Alvaro ging ich dankbaren Herzens für eine Weile des Gebets in die Flughafenkapelle, klein, schön und mit dem Tabernakel. Vor der Tür standen zwei Leute, offensichtlich Pilger wie ich, ein Priester aus Kasachstan und ein junger Mann aus Polen. Sie begrüßten mich, als ob wir uns schon länger kannten. Und in der Kapelle war ein kleine Gruppe Beter. Bestimmt auch von der Seligsprechung, dachte ich. Dann kam aus einer Seitentür der Flughafenpastor, ein gütiger älterer Priester. Er fragte mich, ob ich noch die Heilige Messe feiern wollte. Ich hatte schon am Morgen zelebriert. Dann fragte er uns alle, ob wir einen Reisesegen wünschten. Und ich erinnere mich gut an die letzten Segensworte: „Und dass Jesus immer so gute Freunde wie euch hat." Alle waren wir etwas beschämt und glücklich. Ja, das wollen wir sein, dachte ich. Als ich herausging, sprach mich auf Deutsch ein junger Mann an: ein Pilger aus Bratislava. Der letzte Eindruck also: Es war alles sehr familiär. Ob bei dem kleinen Treffen auf dem Flughafen. Oder bei der großen Heiligen Messe zur Seligsprechung.

Es gab mehrere Busse für die etwa 150 Bischöfe aus aller Welt, die einige Priester begleiteten. Das Staunen begann, als wir uns Valdebebas näherten, dem Ort der Seligsprechung (ganz nahe beim Trainingsgelände von Real Madrid). Busse über Busse, Ströme von Menschen aus allen Richtungen, viele Familien mit Kindern, Heerscharen mit Klappstühlchen, elegante Afrikanerinnen, viele Jugendliche, manchmal vorneweg einer mit der Nationalfahne. Manche winkten unserem Bus zu. Von der Altarinsel hatte man dann einen Blick auf die ganze Fläche. Später hörten wir, es waren mehr als 150.000, einige Medien sprachen vom Doppelten. Gewundert hat uns das nicht, es gab ja Menschen soweit das Auge reichte.

Kurz nach Beginn der Heiligen Messe verlas der Generalvikar des Opus Dei, Prälat Fernando Ocáriz, eine Grußbotschaft von Papst Franziskus. Sie gliedert sich nach einem kleinen Lieblingsgebet Bischof Alvaros: „Danke, Herr – verzeih mir – hilft mir mehr". Warmherziger Applaus der Leute – der geliebte Heilige Vater war präsent und mit dem Herzen dabei. Dann sprach der Gesandte des Papstes, Kardinal Angelo Amato, die Seligsprechungsformel, die mit dem Gesang des dreifachen Amens vieltausendstimmig bestätigt wurde.

Ich sah, wie sich im Gang neben uns eine Familie nach vorne bewegte. Ein kleiner Junge trug das Reliquiar mit einer Reliquie des neuen Seligen zum Altar. Sofort dachte ich: Das ist José Ignacio, das Kind des Wunders. Tatsächlich! Die Familie war aus Chile mit dem 11jährigen Jungen und seinen Geschwistern angereist. Jetzt war der Moment des Dankens gekommen. Als Säugling hatte sein Herz nach einer Operation eine halbe Stunde stillgestanden, die Ärzte hielten das Gehirn für unheilbar geschädigt und ihn praktisch für tot. Aber nein, der Kleine erholte sich und ist ein munteres Kerlchen, das Fußball spielt und jetzt ohne Scheu die Reliquie nach vorne bringt. Die Eltern hatten sich intensiv an Bischof Alvaro mit der Bitte um Rettung des Jungen gewendet. In meiner Umgebung gibt es feuchte Augen. Eine große glückliche Familie freut sich mit einer kleinen glücklichen Familie. Verständlich auch, dass weit über 1000 Chilenen um den halben Globus gereist sind.

Gesammelt feiern Bischöfe und Priester die Heilige Messe – und die Gläubigen. Es kommt der Augenblick der heiligen Kommunion. Hunderte von Priestern hatten vor dem Gottesdienst noch die Gelegenheit gehabt, in Eucharistischen Zelten zusammen die Heilige Messe zu feiern. Viele spenden in den Beichtstühlen das Bußsakrament. Andere teilen die heilige Kommunion aus. In einer langen Prozession gehen sie an den vorgesehenen Ort, begleitet von jeweils einem jungen Mann mit Schirm.

Dankbar grüßen die Menschen am Ende die Gottesmutter mit dem Salve Regina. Ihr großes Bild steht für alle sichtbar hinter dem Altar: Unsere liebe Frau von Almudena, die Patronin von Madrid. Daneben in seiner Handschrift das Bischofswort vom seligen Alvaro: Regnare Christum volumus! Wir wollen, dass Christus herrscht! Und den Frieden Gottes in viele Herzen trägt.

Im Taxi erzählte ich dem Fahrer von der Seligsprechung. Er wusste natürlich Bescheid und zeigte mir ein Foto des neuen Seligen, das ihm gestern eine Kundin geschenkt hat. Er habe auch noch in seinem anderen Taxi das Bild eines Bischofs. Das habe ihm ein Priester vor einiger Zeit gegeben, aus Dankbarkeit, da er ziemlich in Eile war. Dieser Bischof habe ihm viel geholfen: nichts Dramatisches, aber doch spürbar, in kleinen Nöten und vor allem im stetigen Nachschub von Fahrgästen. So komme er durch die „Krise" des Landes, nicht supergut, aber es reiche. Ich wurde etwas stutzig und gab ihm ein Gebetsbildchen von Alvaro. Ja, das ist er! rief der Taxifahrer aus. Nun hatte er gemerkt, dass der neue Selige genau dieser hilfreiche Bischof in seinem anderen Taxi war. Na, so meinte er, wenn mir das jetzt nicht Glück bringt.

Als Alvaro 1914 geboren wurde, gab es in Spanien 566 Alvaros; jetzt sind es laut Statistik 138.495. Mittlerweile ist er bei den Jungennamen an fünfter Stelle. Liegt es auch an dem neuen Seligen? Nicht unwahrscheinlich. Bei den beiden Alvaros, die aus Deutschland dabei waren, ist es sicher. Sie sind stolz auf ihren Namenspatron und können jetzt am 12. Mai ihren Namenstag feiern.

Dr. Christoph Bockamp

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