Die Ausübung der Leitungsgewalt in den Personalprälaturen

+ Bischof Javier Echevarria, Prälat des Opus Dei

Dem Rektor der Universität, Prof. György Fodor, und dem Vorstand des Institutes für Kanonisches Recht, Prof. Géza Kuminetz, danke ich herzlich für die freundliche Einladung zur Teilnahme an diesem Studientag über die „Leitungsgewalt in territorialen und personalen Zirkumskriptionen“. Die Tagung ist eine Fortsetzung anderer bedeutender, von dieser Universität organisierter Treffen(1). Die bewusst weit gefasste Formulierung des Titels erlaubt, die verschiedenen Ausdrucksformen von Leitungsgewalt und Rechtssprechung personaler Art auf ein und demselben Territorium zu betrachten, wobei es sich um sehr verschiedene Äußerungen der kanonischen Rechtlichkeit handelt, da sie ja ihren Ursprung in Einrichtungen von untereinander verschiedener theologischer Natur haben.

Die Organisatoren haben mich gebeten, die Ausübung der Leitungsgewalt in den Personalprälaturen zu behandeln. Dabei soll, in Übereinstimmung mit allgemeinen Kriterien, die juridische Erfahrung der bisher einzigen Personalprälatur -des Opus Dei– in Begriffe und Voraussetzungen übertragen werden, in denen ein solcher Schritt vom Einzelnen zum Generellen gemacht werden kann. In der Tat sind, wie Sie wissen, diese Prälaturen kirchliche Jurisdiktionsgebilde, die vor allem in ihren Statuten ihre Grundlage haben: Die wenigen, im Codex des Kanonischen Rechtes vorgesehenen allgemeinen Normen geben den für jede Personalprälatur vom Heiligen Stuhl eigens zu sanktionierenden Statuten die Möglichkeit, je nach den pastoralen Erfordernissen voneinander sehr verschiedene Prälaturen zu schaffen, die logischerweise die nach dem Codex nötigen gemeinsamen Elemente aufweisen.

Ich möchte am Beginn dieses Referates an das grosse pastorale Feingefühl erinnern, mit dem das II. Vatikanische Konzil die verschiedenen Fragen über das Wesen, das Leben und die Erfordernisse der Kirche angegangen ist. Das mir übertragene Thema – die Ausübung der Leitungsgewalt in den Personalprälaturen – ist von dieser im Konzil so relevanten Perspektive der Pastoral her zu sehen. Zur Genüge ist bekannt, dass das II. Vatikanum eine Definition der Teilkirche gibt, in welcher das Territorialprinzip nicht aufscheint (vgl. Christus Dominus, Nr. 11). Weiters zeigte es auf, dass es angebracht sei, besondere Diözesen oder Personalprälaturen, internationalen Seminare oder anderen derartige Institutionen zu errichten, um bestimmte pastorale Initiativen zugunsten verschiedener sozialer Gruppen zum Abschluss zu bringen (vgl. Presbyterorum Ordinis, Nr. 10; Ad Gentes, Nr. 20, FN 4, Nr. 27, FN 28). Die Normen des CIC 1983 rezipieren in den cann. 294-297 diese pastoralen Anliegen des Konzils, insofern sie sich auf die Personalprälaturen beziehen. Ich bin sicher, dass unsere griechisch-katholischen Brüder diese Situation der personalen Jurisdiktion sehr gut verstehen, denn ein großer Teil ihrer Rechtsordnung befindet sich in einem solchen Rahmen, und uns allen ist ihr ausdauernder und großartiger Dienst an der Kirche bekannt; ihre Anwesenheit hier auf dieser Tagung ist auch für mich Grund zur Freude.

Eine Rechtsfigur solcher Art war seit jetzt schon einigermaßen zurückliegender Zeit Ziel des Gebetes und der Abtötung des hl. Josefmaria Escrivá, des Gründers des Opus Dei; er war sich immer sicher, vom allmächtigen Gott durch die Fürsprache des Muttergottes erhört zu werden, doch die angemessene und seit so langer Zeit herbei gewünschte Lösung als juridische Ordnung für das seinen Händen anvertraute theologische und pastorale Phänomen verwirklicht zu sehen, das konnte er nur vom Himmel aus. Die Figur der Personalprälaturen ist in der Tat, wie vom II. Vatikanischen Konzil erwünscht, in der Rechtsordnung des neuen Kodex in großen Linien umrissen und, insofern es sich im besonderen um das Opus Dei handelt, auf der Grundlage der Apostolischen Konstitution Ut sit und der in dieser päpstlichen Konstitution approbierten eigenen Statuten, des Codex iuris particularis Operis Dei, gestaltet. Diese Rechtsfigur hat es ermöglicht, das Opus Dei in rechtlicher Hinsicht in einer seinem eigenen Wesen angemessenen Form in die kanonische Rechtsordnung einzufügen, was ohne Zweifel für seine Gläubigen – Priester und Laien – und für viele andere Personen in der Kirche Grund zur Dankbarkeit gegenüber Gott und der Kirche ist(2).

In diesem Referat werde ich innerhalb des mir gesteckten Themas auf die für alle Personalprälaturen notwendigen Elemente eingehen. Zuerst müssen wir jedoch einige grundlegende Eigenschaften derjenigen Strukturen in Erinnerung rufen, über die wir sprechen.

1.- Die Personalprälaturen als Teil der hierarchischen Struktur der Kirche: Besondere Kennzeichen und juridische Erfahrungen

Die Personalprälaturen stellen in der Kirche, wie bekannt, eine neue Rechtsfigur dar, weshalb sie sich uns mit den Besonderheiten jeglicher neuer Institution zeigen(3).

Die Personalprälaturen als solche gab es schon im Dekret Presbyterorum ordinis des II. Vatikanischen Konzils; in die kanonische Rechtsordnung wurden sie eingeführt mit dem ersten päpstlichen Dokument, das die konziliaren Vorschreibungen in die Tat umzusetzen suchte, mit dem Motu proprio Ecclesiae Sanctae, Nr. 1, 4 des ersten Kapitels(4). Von diesem Dokument an wurde die Personalprälatur in den Bereich der hierarchischen Struktur der Kirche eingegliedert, welche auf der Grundlage einer kirchlichen Jurisdiktion personalen Typs ein flexibles Organisationsinstrument schaffen wollte, um damit den konkreten pastoralen Bedürfnissen verschiedener Art entgegenzukommen.

Bei der Organisation der eigenen Aufgaben folgt die lateinische Kirche in der Regel dem Territorialprinzip; die Geschichte zeigt jedoch, dass sie davon öfters abgeht und sich personaler Strukturen bedient, um konkrete Probleme verschiedener Art zu lösen. Es ist selbstverständlich nicht möglich, davon einen detaillierten historischen Rechenschaftsbericht abzulegen. Doch sei es mir in diesem Zusammenhang in Anlehnung an eine jüngst erschienene Monografie(5) erlaubt, daran zu erinnern, dass der Versuch, eine personale diözesane, direkt dem Hl. Stuhl unterstellte Jurisdiktion in Ungarn zu errichten, von Papst Innozenz III. in Betracht gezogen wurde. Das geschah zu Zeiten König Imres im fernen

1204, aus Gründen der ökumenischen Einheit, als Versuch, die im Königreich Ungarn gelegenen Kirchen und Klöster des griechisch-orthodoxen Ritus’ unter einem einzigen Bischof zu vereinen.

In unseren Tagen sind die Anweisungen des II. Vatikanums und der nachkonziliaren Gesetzgebung über die Personalprälaturen im Kodex des Kanonischen Rechts von 1983 aufgenommen, in den Kanones 294-297. Hier soll nicht Bezug genommen werden auf die Art und Weise, in der diese Kanones des Kodex die Lehre des Konzils und jene nach ihm rezipiert haben. Ich möchte bloß ausführen, dass meiner Ansicht nach die Einzigartigkeit der Rechtsfigur sowie die unsichere Verwendung ekklesiologischer Kategorien zusammen mit anderen Faktoren technischer und kanonistischer Natur in der Zeit unmittelbar vor der Promulgation des Kodex bei einem Teil der Konsultoren in der letzten Redaktionsphase(6) zu einem Schwanken geführt hat. Das hatte schließlich zum Ergebnis, dass die Personalprälaturen an einer systematisch irrigen Stelle eingefügt wurden, was trotz ihrer doch sehr eingeschränkten substanziellen und interpretativen Bedeutung sicher nicht zu einem korrekten Verständnis dieser Figur beiträgt, zumindest anfänglich.

Mit dieser Frage hat sich die Lehre(7) genügend beschäftigt, und es scheint nicht angebracht, sich jetzt dabei aufzuhalten. Ich meine aber, behaupten zu können, dass die juristische Erfahrung der Kirche in den mehr als zwanzig Jahren seit der Promulgation des lateinischen Kodex dazu beigetragen hat, zumindest teilweise die anfänglichen Irrtümer zu korrigieren: Mit Klarheit hat sie die hierarchische Natur von kirchlichen Zirkumskriptionen personaler Struktur, von Personalprälaturen ins Licht gestellt. Es handelt sich hierbei um einen Typus, der ähnlich den Militärordinariaten, deren aktuelle Regelung ebenfalls vor relativ kurzer Zeit entstanden ist, nicht unter den Begriff der Teilkirche fällt, wenn man es streng theologisch betrachtet.

Zahlreiche Elemente der juristischen Erfahrung dieser Jahre stützen dieses Konzept des Wesens der Personalprälaturen. Dabei handelt es sich noch dazu um eine einheitliche, unbestrittene(8) und von verschiedenen lehramtlichen Dokumenten und Normen des Hl. Stuhles außerdem bestätigte Erfahrung. Darin wurden konkrete Aspekte der hierarchischen Dimension der Personalprälaturen unterstrichen(9), bzw. haben sie, wie im Fall der praxis curiae(10) dazu beigetragen, mit der interpretativen Autorität, die can. 19 einer solchen Praxis zuweist, die rechtliche Dimension kirchlicher Zirkumskriptionen personalen Typs, von Personalprälaturen, herauszustreichen.

Wahr ist aber auch, dass jenseits der mit der Evolution von Gesetzestexten verbundenen Problematik die Festigung der neuen Rechtsfigur notwendigerweise über die künftige Schaffung weiterer -nicht unbedingt vieler- Personalprälaturen erfolgen muss. Innerhalb des gemeinsamen Rahmens der hierarchischen Struktur der Kirche und der Respektierung der wenigen Normen des Kodex, welche notwendigerweise alle Zirkumskriptionen dieser Art zu befolgen haben, gibt es Raum für eine Vielfalt von Aufgaben und pastoralen Bedürfnissen, wofür diese Rechtsfigur vorgesehen war; deshalb auch Raum für eine Verschiedenheit der den in jedem Fall konkreten pastoralen Bedürfnissen dienenden, vom Apostolischen Stuhl zu approbierenden Statuten, für die organisativen Gestaltungsmöglichkeiten, die die Kirche für solche Fälle anbieten kann, sowie für den Geltungsbereich (national, innerhalb einer Bischofskonferenz oder international). Jenseits dieser Vielfalt werden sich Personalprälaturen, die in Zukunft vom Apostolischen Stuhl errichtet werden können, notwendigerweise auf jene von der kirchenrechtlichen Gesetzgebung festgelegten gemeinsamen Elemente berufen müssen, von denen ich meine, dass sie infolge des einheitlichen Gebrauches seitens der Kirche in diesen Jahren nunmehr wirklich angenommen worden sind.

Solche gemeinsamen Elemente könnten im Wesentlichen auf jene zurückgeführt werden, die für jede kirchliche Zirkumskription typisch sind. Die Prälatur wird gebildet von einer Gemeinschaft von Gläubigen, die Mitglieder ihrer respektiven Diözesen bleiben und gleichzeitig, nach exakt definierten Gesichtspunkten, einem Hirten anvertraut werden, ihrem Prälaten nach can. 295 § 1 CIC, dem ein eigenes Presbyterium zur Seite steht. Wir finden hier wieder die gemeinsamen, in jeder kirchlichen Zirkumskription, sei sie territorialen oder personalen Charakters, notwendigerweise vorhandenen Kategorien, die zusammengefasst sind: ein coetus fidelium, das einem Hirten anvertraut ist; in diesem Zusammenhang wird unter „coetus“ etwas verstanden, das theologisch verschieden ist von der portio oder pars Ecclesiae universalis, die ekklesiologisch für gewöhnlich in der Teilkirche ihre Verwirklichung findet.

Gleichzeitig muss darauf hingewiesen werden, dass die Bestimmungen des Kodex für die Bildung von Personalprälaturen nicht notwendigerweise eine uniforme Anwendung finden, weil einige von ihnen – ich beziehe mich auf jene in den cann. 294-297 – in Wirklichkeit fakultativ sind(11).

So erweist sich beispielsweise die in can. 295 § 1 vorgesehene Inkardinierung des eigenen Klerus, die ja in der ersten Prälatur, die errichtet wurde, gegeben ist, als nicht notwendigerweise wesentliches Element, weil Personalprälaturen ohne eigenen, inkardinierten Klerus hypothetisch möglich sind, was in den Militärordinariaten vorkommen kann und tatsächlich auch vorkommt; dasselbe geschieht in Bezug auf das eigene Seminar, den geografischen Bereich der Tätigkeit der Prälatur etc. Die Eingliederung der Gläubigen in die Prälatur mittels des in can. 296 genannten Übereinkommens hat im Fall der ersten errichteten Prälatur die praktische Frage der Eingliederung der Gläubigen, die Laien sind, in die Prälatur und der Festlegung der Beziehung zum Prälaten gelöst. Doch handelt es sich dabei um eine Möglichkeit, die eventuell durch andere Formen der Eingliederung ersetzt werden könnte. In anderen denkbaren Fällen könnte zum Beispiel die Bestimmung, welche Gläubige der pastoralen Verantwortung des Prälaten anvertraut werden, wobei die Zugehörigkeit zur Wohndiözese immer aufrecht bleiben muss, von der Autorität des Apostolischen Stuhles im Akt der Errichtung der Prälatur selbst festgelegt werden, wie das in einem Militärordinariat(12) geschehen kann oder wie es in der personalen Apostolischen Administratur von Campos (Brasilien)(13) der Fall ist.

Zusammengefasst lässt sich aus der aufmerksamen Lektüre der Gesetzestexte feststellen, dass sich nur einige der in den cann. 294-297 vorgelegten Strukturelemente für die Personalprälaturen als wesentlich erweisen. Folglich ergeben sich von den Charakteristika, die für die erste dieser Personalprälaturen, die Prälatur Opus Dei, festgelegt werden, nur einige als gültig auch für andere Prälaturen, die mit anderen pastoralen Zielen sukzessive geschaffen werden.

2. Die rechtliche Natur der in den Personalprälaturen ausgeübte Gewalt

Das bis jetzt gezeichnete Bild erlaubt es, die den Personalprälaturen eigenen wesentlichen Elemente zu identifizieren und gleichzeitig den Kontext festzuhalten, in den solche Prälaturen gehören, nämlich jenen der personalen kirchlichen Zirkumskriptionen. Ich meine nämlich, dass der Begriff der Teilkirche ausschließlich innerhalb des theologischen Zusammenhangs in einem strengen Sinn Anwendung findet, und das möchte ich in diesem Beitrag zeigen.

Die Zugehörigkeit der Personalprälaturen zu den kirchlichen Jurisdiktionen, mittels derer sich die Kirche als Volk Gottes hierarchisch organisiert, bedeutet aber an sich, dass die Gewalt dessen, der an der Spitze steht, des Prälaten, notwendigerweise bischöflicher Natur ist. Sie ist, von diesem Gesichtspunkt aus gesehen, ähnlich der Gewalt jedes anderen, an der Spitze jeder anderen kirchlichen Zirkumskription stehenden Hirten, sei er Bischof oder nicht, wie auch andere Hirten, die an der Spitze pastoraler Zirkumskriptionen der Kirche stehen, nicht notwendigerweise Bischöfe sind, wie zum Beispiel die apostolischen Präfekten und die apostolischen Vikare oder Administratoren. Das heißt, dass die von allen diesen Hirten einschließlich des Personalprälaten ausgeübte Jurisdiktion die Ausübung des munus regendi als Leitung und Regierung der Gemeinschaft der Getauften betrifft; diese kann auch, wie die Jahrhunderte der Kirchengeschichte es zeigen, einem Priester mit kirchlicher Jurisdiktion übertragen werden. Ein rascher Blick in das Annuario Pontificio reicht aus zur Bestätigung dieses Faktums(14).

An sich, von der Struktur der Kirche her gesehen, ist es weder für den Prälaten noch für die anderen Hirten mit analoger Jurisdiktion notwendig, dass sie Bischöfe sind. Doch der Zusammenhang zwischen der juridischen Dimension und der sakramentalen Wirklichkeit der Kirche und, genauer noch, im Falle der Prälaturen, die tatsächlichen pastoralen Verhältnisse, lassen die Bischofsweihe dieser Prälaten doch angebracht erscheinen; denn ihnen überträgt der Apostolische Stuhl mit der Ernennung in das Amt die missio canonica und er weist ihnen eine Herde(15) zu, für die sie die entsprechende pastorale Aufgabe erhalten.

In der Tat wurde es vom Hl. Stuhl so gehalten im Falle der zwei Prälaten, die einander an der Spitze der bislang einzig existierenden Personalprälatur gefolgt sind(16).

Mein Vorgänger, der Diener Gottes Àlvaro del Portillo, dessen Seligsprechungsprozess jüngst eingeleitet wurde, empfing die Bischofsweihe am 6. Jänner 1991(17), und dasselbe geschah mit dem nächsten Prälaten am 6. Jänner 1995(18). Bedeutend für das gleich Auszuführende ist ein Passus in der die zweite der beiden Bischofsweihen betreffenden päpstlichen Bulle, in der ausdrücklich von der Herde(19) die Rede ist, welche der Hirtensorge des in den Bischofsstand erhobenen Prälaten anvertraut wird.

Im Amt des Prälaten wird demnach eine nach allgemeinen Kriterien umschriebene kirchliche Gewalt bischöflicher Natur ausgeübt und auch vom Apostolischen Stuhl den einzelnen Prälaten übertragen; sie entspricht dem Amt, das von einem Hirten als Haupt eines coetus fidelium ausgeübt wird. Diese Übertragung stellt im eigentlichen Sinne die missio canonica dar, mit der Zuweisung der Gläubigen, über die der Prälat die kirchliche Jurisdiktion im Sinne der Statuten innehat, wie es can. 296 sagt. Auf diese Frage werde ich später zurückkommen, um diese Begriffe besser abzugrenzen, die meiner Ansicht nach, streng theologisch gesehen, auf die Teilkirche nicht im selben Sinn Anwendung finden.

Bei einem solchen begrifflichen Horizont erfordert eine Vertiefung in der juridischen Natur der in Personalprälaturen ausgeübten Gewalt einen Rückgriff auf die traditionellen kirchenrechtlichen Kategorien, die die ordentliche und die delegierte Gewalt betreffen, so wie sie zur Zeit der ersten kanonischen Kodifizierung zusammengefasst worden sind und uns im geltenden Kodex in den cann. 129 ff. vorliegen. Außerdem müssen wir uns, zusätzlich zu den cann. 294 ff., als spezifischer Elemente der juridischen Erfahrung aus der Errichtung der ersten Personalprälatur bedienen, doch immer in jenem Ausmaß, in welchem der allgemeine normative Rahmen die Übertragung solcher Daten in einen allgemeinen Kontext zulässt.

Can. 295 § 1 bestimmt: „Die Personalprälatur wird nach den vom Apostolischen Stuhl erlassenen Statuten geleitet; ihr wird ein Prälat als eigener Ordinarius vorgesetzt, der das Recht hat, ein nationales oder internationales Seminar zu errichten und Alumnen zu inkardinieren und sie auf den Titel des Dienstes für die Prälatur zu den Weihen zu führen.“ Zusammen mit anderen Punkten, auf die ich später wieder zurückkomme, zeichnet die erwähnte Gesetzesstelle mit technischer Präzision das Wesen der Gewalt des Prälaten.

In diesem Sinn und mit Bezug auf can. 131, in welchem die typischen Kategorien der kirchlichen Gewalt festgelegt werden, sei gesagt, dass im Jurisdiktionsbereich der Prälatur der Prälat eine Leitungsgewalt innehat, die eine ordentliche - sie ist mit dem Amt des Vorsitzes bzw. der Kapitalität der Prälatur selbst verbunden - und eigenberechtigte ist; das heißt, sie wird nicht stellvertretend, also im Namen eines anderen ausgeübt, wie das zum Beispiel bei den verschiedenen kirchlichen Jurisdiktionen in der Mission vorkommt, bei den Apostolischen Vikariaten, den Apostolischen Präfekturen etc., deren Hirten die Jurisdiktion im Namen des Papstes ausüben, wie can. 371 klar ausführt.

Der Prälat besitzt also eine ordentliche, eigenberechtigte Gewalt im Bereich der dazugehörigen Personalprälatur und in dem für jede Prälatur von den betreffenden Statuten festgelegten Rahmen. Der Inhalt der Gewalt kann je nach den Statuten von einer zur anderen Prälatur verschieden sein, wie gleich auszuführen sein wird, aber das Wesen der Gewalt bleibt in jedem Fall das gleiche.

Einem Teil der Lehre liegt es daran, auf dieser Grundlage und in Verbindung mit der kanonischen Tradition mit Klarheit darzulegen, dass die Gewalt des Personalprälaten wie zum Beispiel jene des Militärordinarius eine Gewalt „a iure participata“ (teilhabend am Primatialamt) ist und somit verschieden von der Kapitalität des Bischofs im eigentlich sakramentalen Sinn, welche, streng theologisch gesehen, ausschließlich dem Diözesanbischof im Bezug auf die Teilkirche zukommt(20). Eine solche Eigentümlichkeit dieser personalen Jurisdiktionen bringt in der Tat eine besondere Art der theologischen Beziehung zum Primatialamt mit sich, wie es Nr. 16 des Schreibens Communionis notio der Glaubenskongregation von 1992 ausgedrückt hat: Darin wird klargestellt, dass es neben den Teilkirchen „durch die apostolische Autorität für besondere pastorale Aufgaben errichtete Institutionen und Gemeinschaften gibt. Diese gehören als solche zur Gesamtkirche, wiewohl ihre Mitglieder auch Mitglieder der Teilkirchen sind, innerhalb derer sie leben und wirken“(21).

Es wäre interessant, sich eine Weile bei dieser Aussage des genannten Dokumentes aufzuhalten, doch ist das jetzt nicht möglich. Ich möchte nur sagen, dass auf der Linie dieser Bemerkungen der Glaubenskongregation einige Autoren den Standpunkt vertreten haben, dass Personalprälaturen – wie auch Militärordinariate – in Wirklichkeit Strukturen sind, die in theologischer Hinsicht zur Universalkirche gehören, während andere, die im Grunde dieselbe Ansicht äußern wollten, es vorgezogen haben, von ergänzenden Strukturen zu den Teilkirchen zu sprechen(22). In beiden Fällen meine ich: die Grundidee erfordert einerseits eine Unterscheidung in der ekklesiologischen Terminologie zwischen dieser Wirklichkeit und der Teilkirche; anderseits legt sie einen besonderen theologischen Zusammenhang der besagten Strukturen mit dem Nachfolger Petri und Haupt des bischöflichen Kollegiums fest.

Ein weiteres allgemeines Kennzeichen der Gewalt des Prälaten ergibt sich aus der Tatsache, dass sie sich auf eine kirchliche Zirkumskription personaler Art erstreckt. Es trifft zu, dass, wie es can. 136 für die ausführende Gewalt deutlich macht, jede jurisdiktionelle Beziehung eine solche zwischen Subjekten ist, welche die territorialen Grenzen übersteigt. Doch getrennt davon bedeutet die Tatsache, dass es sich um eine personale Jurisdiktion handelt, vor allem, dass es nicht das Territorium, sondern ein Umstand oder eine Gegebenheit der Personen selber ist, die zur Bestimmung der der Jurisdiktion des Prälaten unterworfenen Subjekte und daher der entsprechenden Gemeinschaft der Gläubigen herangezogen wird. Daher muss es sich stets um einen bestimmten und objektiven Umstand handeln, weil es sonst unmöglich wäre, die Personen mit Sicherheit zu identifizieren, über welche der Prälat seine Jurisdiktion ausübt. Verweisen wir deshalb auf diese Einzelheit -die uns gleich von Nutzen sein wird-, dass nämlich bei den territorialen Zirkumskriptionen der territoriale Faktor nur zur Bestimmung der Jurisdiktion bezüglich der Laien dient, während bei den Klerikern einem völlig anderem Kriterium gefolgt wird.

Die andere Konsequenz der personalen Natur der von uns behandelten Strukturen liegt in der Tatsache, dass der Prälat grundsätzlich keine Jurisdiktion über das Territorium besitzt, die im Widerspruch zu den Ortsordinarien stehen könnte.

Es sei auch bemerkt, dass die personale Natur dieser Jurisdiktionen nicht bedeutet, dass sich in diesen Fällen nicht auch irgendeine Art von territorialer Jurisdiktion ergeben könnte. So ist zum Beispiel im Fall der Militärordinarien für Kasernen und eigene Kultstätten eine zum Ortsbischof konkurrierende personale Jurisdiktion festgelegt(23). Analog dazu kann im Fall der Personalprälaturen eine solche Bestimmung auch im Moment ihrer Errichtung oder später dazukommen; jedenfalls scheint es schwierig zu sein, jeglichen Bereich von territorialer Jurisdiktion des Personalprälaten kirchenrechtlich zu verneinen, so etwa in der als Prälaturkirche errichteten Kirche, am Sitz der Kurie selber, im eigenen Seminar etc.

Die Gewalt des Personalprälaten ist also jene des eigenen Ordinarius(24); seine Eigenschaft als Ortsordinarius ergibt sich aus dem vorher gesagten klar für jene Orte, wo die Prälatur ein Gebiet besitzt, und insofern sie sich auf seine Stellung als Ortsordinarius für die Inkardination bezieht(25).

Wir befinden vor einer hierarchischen Struktur, die für besondere untereinander potenziell verschiedene pastorale Bedürfnisse gedacht ist. Daraus folgt die Notwendigkeit, die gemeinsamen Charakteristika maximal einzuschränken und einen allgemeinen elastischen Rahmen festzulegen, der es erlaubt, in den einzelnen Fällen jede Prälatur durch die Statuten zu umschreiben und darin die Befugnisse des Amtes jedes einzelnen Prälaten nach den jeweiligen Erfordernissen auszuformen(26).

Man möge ja vor Augen haben, dass die Jurisdiktion des Prälaten, insbesondere bezüglich der Laien, in den Personalprälaturen sehr verschieden sein kann und daher in den Statuten ausreichend festgelegt sein muss.

3. - Die Ausübung der Gewalt des Prälaten bezüglich des Inhaltes und der verschiedenen Mitglieder der Prälatur

Ein weiterer zu behandelnder Punkt innerhalb des uns vorgegebenen Themas betrifft die Ausübung der Gewalt des Prälaten. Diese Frage ist mit wenigstens zwei verschiedenen Thematiken verbunden, die Elemente sowohl theologischer Natur als auch der juristisch-technischer Ebene berühren: Die eine betrifft die Inhalte der Gewalt des Prälaten, die andere eher die Art der festgelegten Rechtsbeziehung der der Jurisdiktion des Prälaten unterworfenen Personen im Vergleich.

Auch hier ist es notwendig, von allem Anfang an den auf ihre Nützlichkeit ausgerichteten Charakter der Figur der Personalprälaturen und daher die mögliche Verschiedenheit der Prälaturen voneinander in Bezug auf den Inhalt der Gewalt des Prälaten oder die Art der rechtlichen Beziehung zwischen ihm und den ihm anvertrauten Gläubigen in Erinnerung zu rufen. Auch ist es, worauf ich jetzt schon mehrmals hingewiesen habe, nicht legitim, die durch die bisher einzige Personalprälatur beschränkte juridische Erfahrung vollständig auf andere zukünftige Prälaturen auszudehnen. Es kann gar nicht anders sein, dass in jedem Fall die konkreten pastoralen Umstände die Art der Gestaltung jeder einzelnen Prälatur sowie die Ausdehnung der dem Prälaten zu übertragenden Jurisdiktion bestimmen.

Im Fall des Opus Dei stellen sich keine Fragen der Konkurrenz zur Jurisdiktion der Diözesanbischöfe; aus demselben Grund scheint es ziemlich klar, dass eine solche Erfahrung nicht verallgemeinert werden kann. Hingegen scheint es vernünftig vorauszusehen, dass die pastoralen Bedürfnisse, die in der Zukunft die Errichtung neuer Personalprälaturen nahe legen, für gewöhnlich auch das Erfordernis mit sich bringen, eine Teilhabe an der ordentlichen Seelsorge der zugewiesenen Gläubigen zu umschreiben.

Man denke etwa an das Erfordernis, Probleme der pastoralen Betreuung von bestimmten Gruppen von Flüchtlingen, Nomaden, Roma oder Emigranten - bei den letztgenannten vor allem bei vorübergehender Emigration an Orte ohne adäquate pastorale Strukturen – eventuell mittels Personalprälaturen zu lösen. Dann ist es logisch, eine entsprechende Jurisdiktion des Prälaten, ähnlich derjenigen, die durch die Apostolische Konstitution Spirituali militum curae den Militärordinarien vorbehalten ist, für notwendig zu erachten. Auf alle Fälle hat es sich dabei stets um eine zum Diözesanbischof des Ortes kumulative Jurisdiktion zu handeln. Es ist nämlich ein für alle komplementären Zirkumskriptionen gemeinsames Kennzeichen, dass die Gläubigen der personalen Jurisdiktion und der territorialen Jurisdiktion der Diözese gleichzeitig angehören.

Jedenfalls beinhaltet die Gewalt der Personalprälaten, so wie es auch beim Militärordinarius der Fall ist, die drei in can. 135 genannten Bereiche der Leitungsgewalt: Die gesetzgebende Gewalt, die die Befugnis ist, in Sachen der eigenen Kompetenz Gesetze oder allgemeine Dekrete zu erlassen, die ausführende und die richterliche Gewalt. Die Apostolische Signatur hat für den in der Prälatur Opus Dei errichteten Gerichtshof als zweite Instanz das Berufungsgericht des Vikariates von Rom bestimmt, das auch für das Gericht des Militärordinariates von Italien als zweite Instanz fungiert(27).

Die andere vorhin angesprochene Frage im Zusammenhang mit der Gewalt des Prälaten betrifft die rechtliche Beziehung zu den Personen, die zur Prälatur gehören, zu den durch Vertrag oder auf andere Weise in der Prälatur eingegliederten Laien, zu den der pastoralen Betreuung anvertrauten Gläubigen(28), zum Klerus, welcher inkardiniert ist - oder es eventuell nicht ist, sich aber doch pastoral der Aufgabe der Prälatur widmet.

Man sieht, die Situationen können sehr verschieden sein, was ein Grund dafür ist, dass es nicht ratsam erscheint, im voraus unnötig starre und in sich geschlossene Positionen festzulegen. Es handelt sich nämlich um eine Institution, die eigens dafür geschaffen wurde, um für die Lösung vielfältig verschiedenster pastoraler Aufgaben die notwendige Anpassungsfähigkeit anzubieten. Einfach deshalb wäre es wenig realistisch, die Handlungsmöglichkeiten von jemand einschränken(29), dessen Aufgabe das ist und der auch die Autorität dazu hat.

Ein Thema jedoch ist unbedingt zu erörtern, das hingegen manchen Autoren, die es behandeln, anscheinend entgangen ist: Die von Kirche festgelegte rechtliche Ordnung zur Bestimmung der kirchlichen Jurisdiktion bezüglich der diversen Kategorien der Gläubigen, -hauptsächlich Laien und Kleriker-, ist verschiedenartig; doch diese Verschiedenheit kann nicht im geringsten, kann absolut nicht relevant sein, um von einem verschiedenen Grad an Zugehörigkeit sprechen zu können. Das würde unter anderem direkt jener „wahren Gleichheit in ihrer Würde und Tätigkeit“ entgegenstehen, die, auf der Basis von Nr. 32 der Dogm. Konst. Lumen gentium von can. 208 verkündigt, eine der vom II. Vatikanischen Konzil in Erinnerung gerufenen grundlegenden rechtlichen Situationen der Getauften darstellt. Damit will ich folgendes sagen:

Einer jener Punkte, die diesbezüglich aufrechterhalten werden, und zwar aufgrund einer Lesart von can. 294, die mit den anderen sich aus der kanonischen Rechtsordnung ergebenden Daten, und schon aus den unmittelbar folgenden Kanones nicht abgestimmt ist, betrifft die Auffassung, dass sich die Zugehörigkeit zur Personalprälatur auf die Kleriker, Priester und Diakone beschränkt, von denen in can. 294 die Rede ist. Die Laien, die gemäß can. 296 mittels einer Vereinbarung mit der Prälatur oder auf eine andere Weise mit ihr „organisch zusammenarbeiten“, seien nach diesen Thesen nicht wirklich in die Prälatur selber eingegliedert; vielmehr seien sie ein Art Hilfspersonal oder Gehilfen, nach dem Beispiel einer äußeren Beziehung, die ziemlich häufig in Vereinen von Gläubigen vorkommt, welche Instituten des geweihten Lebens angegliedert sind. Was nun die Personalprälaturen betrifft, erscheint eine solche willkürliche Gestaltung absolut verkehrt, sie verkennt den Werdegang der Bildung dieser Rechtsfigur und widerspricht auch der -bisher noch begrenzten- rechtlichen Erfahrung.

Man möge, wie gesagt, allgemein vor Augen haben, dass die Verschiedenheit der mit den Klerikern und mit den Laien geschlossenen Beziehung es nicht in geringster Weise rechtfertigt, von einer verschiedenen Zugehörigkeit sprechen zu können(309. Man kann ja nicht behaupten, dass die Diözesanpriester mehr zur Teilkirche gehören als die Laien, trotz der Tatsache, dass das Band der Inkardination eine Beziehung von intensiverer und umfangreicherer hierarchischer Unterwerfung darstellt als bei den Laien, bei denen die Beziehung mit dem eigenen Bischof durch die Taufe mittels der Wohnsitzregelung gegeben ist.

Im Fall der Personalprälaturen und meiner Ansicht nach auch zu einem guten Teil der anderen komplementären Zirkumskriptionen schließt der im Sinne des can. 294 inkardinierte Klerus eine vollständige und ausschließliche Rechtsbindung mit der Prälatur selber, welche dieselbe Intensität und denselben Umfang besitzt wie jene, die von irgendeinem Weltkleriker mit der eigenen Diözese und dem eigenen Bischof geschlossen wird. Kleriker können keine doppelte Inkardination unterhalten, denn sie hat stets denselben Inhalt: der in einer Prälatur inkardinierte Kleriker hat bezüglich des Prälaten dieselbe, totale rechtliche Abhängigkeit wie der in einer Diözese inkardinierte Kleriker bezüglich des Diözesanbischofs.

Bei den Laien ist hingegen eine doppelte Zugehörigkeit möglich, wie sie auch bei den Militärordinariaten vorkommt. Dabei handelt es sich nicht um eine Neuerung, denn die Möglichkeit einer doppelten Zugehörigkeit stammt aus der kanonischen Tradition, wie die in can. 107 niedergelegten Regelungen von Wohnsitz und Nebenwohnsitz zeigen. Das einzig Neue in diesem Fall rührt von der Tatsache her, dass die Zugehörigkeit zur zweiten Jurisdiktion nicht vom Nebenwohnsitz bestimmt wird, sondern von einem Umstand personaler Art.

Während also die rechtlichen Folgen der Inkardination in allen Fällen die gleichen sind, was auch von der rechtlichen Bedeutung des Nebenwohnsitzes gesagt werden kann, ergeben sich im Tatbestand der komplementären Zirkumskriptionen, der Personalprälaturen und der Militärordinariate, die Konsequenzen nach den entsprechenden Statuten. Konkret gesprochen berechtigt die Tatsache, dass die Bindung des Laien an die Prälatur nicht dieselbe ist wie die des Klerikers oder wie jene, die ihn an die Diözese des Wohnsitzes bindet, nicht zu dem Schluss, dass ihre Zugehörigkeit zur Prälatur eine geringere sei als jene der Kleriker, oder dass sie überhaupt nicht existiere. Eine solche Theorie trüge Einschränkungscharakter in sich, sowohl der von Lumen gentium verkündeten und im Kodex vorhandenen Forderungen der Gleichheit als auch des theologischen Gehaltes, der dem Ausdruck cooperatio organica beigemessen wurde. Mit diesem Ausdruck wollte diese Konzilskonstitution in ihrer Nr. 10 gerade die Beziehung von königlichem Priestertum und vom Weihepriestertum zum Aufbau der Kirche aufzeigen; es ist bezeichnend, dass er in can. 296 zur Frage der Eingliederung der Laien in die Personalprälaturen wieder aufscheint.

Die juridische Erfahrung der gegenwärtig einzigen Prälatur lässt in dieser Frage keinen Zweifel offen. Nr. III der Apost. Konst. Ut sit, mit der die Prälatur Opus Dei errichtet wurde, sagt in eindeutigen Worten: „Die Jurisdiktion der Personalprälatur – das heißt, des Prälaten – erstreckt sich auf die in ihr inkardinierten Kleriker sowie – nur bezüglich der Erfüllung der besonderen Verpflichtungen, die sie durch ihre rechtliche, mittels Vertrag mit der Prälatur eingegangene Bindung übernommen haben – auf die Laien, die sich den apostolischen Aufgaben der Prälatur widmen: sie alle, Kleriker und Laien, unterstehen der Autorität des Prälaten zur Verwirklichung der pastoralen Aufgabe der Prälatur, nach Maßgabe der im vorausgehenden Artikel bestimmten Richtlinien“. Ich kann nicht erkennen, in welcher Weise es möglich wäre, diese Norm der Apostolischen Konstitution mit der Idee der nicht vollen Zugehörigkeit der Laien zur Prälatur selber zu vereinbaren.

Was konkret das Opus Dei anbelangt, hat sich Papst Johannes Paul II. bei mehreren Gelegenheiten klar ausgedrückt. In einer Audienz im März 2001 für Gläubige des Opus Dei, die aus der ganzen Welt nach Rom zusammengekommen waren, um an einem von der Prälatur selber organisierten Treffen über das Apostolische Schreiben Novo millennio ineunte teilzunehmen, sagte er mit diesen Worten: „Ihr seid hier in Vertretung aller Glieder, die die organische Struktur der Prälatur bilden, also Priester und Laien, Männer und Frauen, unter der Leitung des eigenen Prälaten. Diese hierarchische Natur des Opus Dei, die durch die Apostolische Konstitution, mit der ich die Prälatur errichtet habe, geschaffen wurde (vgl. Apostolische Konstitution Ut sit, 28.11.1982), bietet Anhaltspunkte für pastorale Überlegungen, die reich an praktischen Anwendungen sind. In erster Linie möchte ich hervorheben, dass die Zugehörigkeit der Laienmitglieder sowohl zu ihrer jeweiligen Teilkirche als auch zur Prälatur, in der sie eingegliedert sind, zur Folge hat, dass die besondere Sendung der Prälatur in die Evangelisierungsbemühungen jeder Teilkirche mündet, wie dies das II. Vatikanische Konzil vorgesehen hat, als es die Einrichtung der Personalprälaturen ins Auge fasste“. Und der Papst setzte fort: „Das organische Zusammenwirken von Priestern und Laien ist eines jener bevorzugten Gebiete, auf denen eine Pastoral entstehen und festigen wird, im Sinne jenes „neuen Dynamismus“ (vgl. Novo millennio ineunte, 15), zu der wir uns nach dem Großen Jubiläum alle ermutigt fühlen. In diesem Zusammenhang soll auch an die Bedeutung der in dem gleichen Apostolischen Schreiben hervorgehobenen „Spiritualität der Gemeinschaft“ erinnert werden (vgl. ebd., 42-43)(31)“.

Ich komme zum Schluss. In meinen Referat habe ich versucht, in allgemeinen Begriffen einige relevante Parameter aufzuzeigen, innerhalb derer sich die Ausübung der pastoralen Leitungsgewalt in den Personalprälaturen entfaltet, und zwar mit Bezug auf die hauptsächlichen Gesichtspunkte, die in diesen Jahren aus der Lehre zu dieser kirchenrechtlichen Figur erwachsen sind. Ich bin überzeugt, dass die Personalprälaturen aufgrund der Vielseitigkeit, die ihnen die Statuten einräumen, in Zukunft ein ausgezeichnetes pastorales Werkzeug im Dienst der Evangelisierung und des Apostolates sein werden; ein solches hat die Kirche des 21. Jahrhunderts notwendig. Die neueren Dokumente des päpstlichen Lehramtes verweisen wiederholt mit Nachdruck auf einen wachsenden Fortschritt in der Communio von Gläubigen und Hirten. Ich denke, dass diese dazu dienen wird, eine solche vom II. Vatikanischen Konzil nahe gelegte pastorale Struktur mit entsprechender Wertschätzung zu bewahren, die wie alle anderen kein anderes Ziel haben kann als den Dienst an der Kirche Christi.

Danke.

(1) Vgl. Territorialità e personalità nel Diritto Canonico ed Ecclesiastico. Il Diritto canonico di fronte al Terzo millennio. Atti dell’XI Congresso Internazionale di Diritto Canonico e del XV Congresso Internazionale della Società per il Diritto delle Chiese Orientali, Budapest, 2-7 Settembre 2001, hrsg. von P. Erdö und di P. Szabó, Budapest 2002.

(2) Siehe dazu A. DE FUENMAYOR, V. GOMEZ-IGLESIAS, J.L. ILLANES, Die Prälatur Opus Dei. Zur Rechtsgeschichte eines Charismas, Essen 1994, 413ff.

(3) Zu diesem Punkt siehe vor allem: P. RODRÍGUEZ, Teilkirchen und Personalprälaturen, Amsterdam 1987; J.L. GUTIÉRREZ, Le Prelature personali, in “Ius Ecclesiae” 1, 1989, SS 467-491; A. DE FUENMAYOR, Escritos sobre Prelaturas personales, Pamplona 1992; G. LO CASTRO, Le prelature personali, 2ª ed., Milano 1999; V. GÓMEZ-IGLESIAS-A.VIANA-J.MIRAS, El Opus Dei, Prelatura personal. La constitución apostólica Ut sit, Pamplona 2000.

(4) Vgl. M.P. Ecclesiae Sanctae, I. 4, 6. August 1966, AAS 58 (1966) 757-787. Eine Untersuchung des vollständigen Herausbildung der Institution in diesem Zeitraum liegt vor von J. MARTÍNEZ TORRÓN, La configuración jurídica de las Prelaturas personales en el Concilio Vaticano II, Pamplona 1986.

(5) Vgl. O. CONDORELLI, Unum corpus, diversa capita. Modelli di organizzazione e cura pastorale per una ‘varietas ecclesiarum’ (secoli XI.XV), Roma 2002, bes. 130-132.

(6) Siehe dazu u. a. E. BAURA, Le attuali riflessioni della canonistica sulle Prelature personali, in AA.VV., “Le Prelature personali nella normativa e nella vita della Chiesa”, Padova 2002, 15-53. Zur kritischen Auseinandersetzung siehe G. LO CASTRO, Le Prelature personali nell’esperienza giuridica e nel dibattito dottrinale dell’ultimo decennio, in “Studi in onore di P. Bellini” I, Catanzaro 1999, 423-456.

(7) Eine kritsche Antwort zu den sich daraus möglicherweise ergebenden irrtümlichen Konsequenzen bei A.M. PUNZI NICOLÒ, Libertà e autonomia negli enti della Chiesa, Torino 1999, 205. Zur Würdigung der Systematik im Kodex siehe J.M. GONZÁLEZ DEL VALLE, La sistemática del nuevo Código de derecho canónico, in “Ius Canonicum” 49, 1985, 13ff; E. MOLANO, Las opciones sistemáticas del CIC y el lugar de las estructuras jerárquicas de la Iglesia, in “Ius Canonicum” 66, 1993, 465ff.

(8) So etwa hat der Hl. Stuhl in seinen Bemühungen um den Abschluss von Konkordaten in dieser Zeit den Staaten die Personalprälaturen zusammen mit den anderen kirchlichen Zirkumskriptionen – Diözesen, Apostolische Vikariate, Militärordinariate usw. – als Ausdruck der hierarchischen Struktur vorgestellt (siehe z. B. Art. 6 § 1 des Konkordates zwischen dem Hl. Stuhl und der Republik Polen vom 28. Juli 1993; Art. 5 der Vereinbarung über rechtliche Fragen zwischen dem Hl. Stuhl und der Republik Kroatien vom 19. Dezember 1996; Zusatzprotokoll zum Rahmenabkommen zwischen dem Hl. Stuhl und der Republik Gabun über Prinzipien und einige rechtliche Verfügungen bgzl. Ihrer Beziehungen und Zusammenarbeit vom 12. Dezember 1997; Art. 5 des Abkommen zwischen dem Hl. Stuhl und der Republik Litauen über rechtliche Aspekte der Beziehung zwischen dem Hl. Stuhl und dem Staat vom 5. Mai 2000).

(9) Ich beschränke mich darauf, das “Direktorium für den Dienst der Priester” aus dem Jahre 1994 zu zitieren, welches ausführt, dass sowohl in den Personalprälaturen als auch in den Militärordinariaten ein um den respektiven Oberhirten versammeltes Presbyterium im eigentlichen Sinn existiert, so wie es im streng theologischen Sinn in den Teilkirchen der Fall ist (vgl.. KONGREGATION FÜR DEN KLERUS, Direktorium für Dienst und Leben der Priester vom 31. Jänner 1994, Nr. 25 und Art. 22 § 2.5). In jüngster Zeit hat die Instruktion Erga migrantes, welche die kanonische Ordnung bzgl. der pastoralen Betreuung der Emigranten in Erinnerung ruft, die Personalprälaturen als hierarchische Strukturen ausgewiesen; sie kommen für die pastorale Betreuung dieser Gruppe von Gläubigen in Frage, welche die konkreten Umstände, die diese Institution dafür nützlich erscheinen lässt, auch sein mögen (vgl. PÄPSTL. RAT DER SEELSORGE FÜR DIE MIGRANTEN UND MENSCHEN UNTERWEGS, Instruktion Erga migrantes, vom 3. Mai 2004, Nr. 24).

(10) Entweder durch das l’Annuario Pontificio, wo alle territorialen und personalen kirchlichen Zirkumskriptionen gemeinsam aufscheinen (siehe Annuario Pontificio 2003, “Dati statistici della gerarchia cattolica”, SS 1063-1066), oder im Wege des Instrumentariums zweiter Ordnung, wie etwa alles, das zur Vorbereitung der Fünf-Jahres-Berichte bei den Ad limina-Besuchen dient (vgl. KONGR. FÜR DIE BISCHÖFE, FORMULARIO PER LA RELAZIONE QUINQUENNALE, ED. VATICANA, 1997); ODER IN ANDEREN ÄHNLICHEN FORMEN.

(11) Siehe dazu J.I. ARRIETA, Le Prelature personali e le loro relazioni con le strutture territoriali, in “Il Diritto Ecclesiastico” 112, 2001, SS 22-49; G. COMOTTI, Somiglianze e diversit`tra le Prelature personali ed altre circoscrizioni ecclesiastiche, in AA.VV., “Le Prelature personali nella normativa e nella vita della Chiesa”, (Anm. 6)., SS 81-114.

(12) Vgl. Ap. Konst. Spirituali militum curae, Art. I und X.

(13) Vgl. Dekret der Kongr. Für die Bischöfe vom 18. Jänner 2002, AAS 94 (2002) 305-308.

(14) Siehe die Untersuchung der verschiedenen Zirkumskriptionen bei J.I. ARRIETA, Chiesa particolare e circoscrizioni ecclesiastiche, in "Ius Ecclesiae" 6, 1994, SS 3ff; DERS., Le circoscrizioni personali, in “Fidelium iura” 4, 1994, SS 207-243.

(15) Siehe diesbezüglich F. OCÁRIZ, Episcopado, Iglesia particular y Prelatura personal, in J.R. Villar (Hg.), “Iglesia, Ministerio episcopal y Ministerio petrino”, Rialp, Madrid 2004, SS 179-190.; V. GÓMEZ-IGLESIAS, L’ordinazione episcopale del Prelato dell’Opus Dei, in “Ius Ecclesiae” 3, 1991, S 251ff.

(16) Siehe dazu die Bemerkungen von V. DE PAOLIS, Nota sul titolo di consacrazione episcopale, in “Ius Ecclesiae” 14, 2002, SS 59-79.

(17) Siehe den Text der Päpstl. Bulle zur Bischofsernennung in “Romana” 7, 1991, S 12.

(18) Siehe den Text der Päpstl. Bulle zur Bischofsernennung in “Romana” 11, 1995, SS 14-15.

(19) «Denique te, dilecte Fili, gregem tuum et omnes Christifideles committimus intercessioni Dei Genetricis Mariae et beati Josephmariae Escrivá de Balaguer, ut omnibus significare valeas “opera maximi Dei” (cfr. 2 Mac 3, 36)» (ebd., S 15).

(20) An mehreren Punkten liegt es mir daran, im Text den Hinweis auf den theologischen Begriff der Teilkirche im strengen Sinn genau anzuführen, so wie er aus den Konzilsdokumenten und dem nachfolgenden Lehramt erwächst, mit der Bemühung, den Unterschied zum häufigen allgemeinen Gebrauch des Ausdrucks zu betonen.

(21) KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Schreiben Communionis notio an die Bischöfe der katholischen Kirche über einige Aspekte der Kirche als Communio, 28. Mai 1992, AAS 86 (1993) 838-850; F. OCÁRIZ, Unità e diversità nella comunione ecclesiale, in “L’Osservatore Romano”, vom 21. Juni 1992, S 11; dazu allgemein siehe A. CATTANEO, La priorità della Chiesa universale sulla Chiesa particolare, in “Antonianum” 77, 2002, SS 503-539.

(22) Vgl. J. HERVADA, Diritto costituzionale canonico, Milano 1989, SS 308ff; siehe auch A.M. PUNZI NICOLÒ, Funzione e limiti del principio di territorialità, in “I principi per la revisione del Codice di diritto canonico”, hsrg. von J. Canosa, Milano 2000, S 558.

(23) Siehe Art. V, Apost. Konst. Sprituali militum curae, 21. April 1986, AAS 87 (1986) 481-486. Siehe dazu E. BAURA, Legislazione sugli ordinariati castrensi, Milano 1992; J.L. GUTIÉRREZ, De Ordinariatus militaris nova constitutione, in “Periodica” 76, 1987, SS 219ff.

(24) So bezeichnet von can. 295 (was zeigt, dass can. 134 einen nicht exhaustiven Charakter hat).

(25) Ersichtlich aus dem diesbezüglichen Zusammenstimmen der cann. 265, 266 und 967 §2. Siehe dazu C. TAMMARO, Il Prelato come ordinario proprio della Prelatura personale, in “Antonianum” 77, 2002, SS 575-583.

(26) Siehe dazu P. RODRÍGUEZ, Teilkirchen und Personalprälaturen (Anm. 3), SS 178ff.; C.J. ERRÁZURIZ, Circa l’equiparazione quale uso dell’analogia in diritto canonico, in “Ius Ecclesiae” 4, 1992, SS 215-224.

(27) Vgl. Art. 40 der Apost. Konst. Ecclesia in Urbe, 1. Jänner 1998, AAS 90 (1998) 177-193; siehe auch Art. 124, 4. der Apost. Konst. Pastor Bonus, 28. Juni 1988, AAS 80 (1988) 841-930. Zu diesem Punkt J. LLOBELL, I tribunali delle circoscrizioni personali latine, in “Il Diritto ecclesiastico” 113, 2002, SS 147-176.

(28) Die Jurisdiktion des Prälaten über die Laien ist in der Tat nicht beschränkt auf die Möglichkeit der Eingliederung der Gläubigen mittels einer Vereinbarung im Sinne von can. 296. Es ist notwendig, vor Augen zu haben, welche ist die Seelsorge, die der Hl. Stuhl der Prälatur anvertraut, und wer sind daher die Gläubigen, auf die sich die Jurisdiktion erstreckt. So wurde etwa vor einigen Jahren von einem angesehenen Erzbischof eine Personalprälatur für die Seelsorge an Roma für den Bereich einer konkreten Bischofskonferenz vorgeschlagen. Diese Roma fielen unter die Jurisdiktion des Prälaten in dem Rahmen, in dem ihn die Statuten der Prälatur zur Erfüllung der eigenen pastoralen Aufgabe ihn bestimmten. Die Subjekte der pastoralen Betreuung der Prälatur wären wie im Fall der Militärordinariate Gläubige der Prälatur unbeschadet bezüglich ihrer Abhängigkeit gegenüber dem Diözesanbischof infolge ihres Wohnsitzes.

(29) Diese institutionelle Elastizität wurde von der Lehre üblicherweise als ein diese Institution charakterisierendes positives Element unterstrichen: siehe z. B. G. DALLA TORRE, Le strutture personali e le finalità pastorali, in “I principi per la revisione del Codice di diritto canonico” (Anm. 22), SS 580ff.

(30) Kritische Anmerkungen und Lehrmeinungen dazu siehe in der jüngst erschienen Monografie von C. TAMMARO, La posizione giuridica dei fedeli laici nelle Prelature personali, Antonianum, Roma 2004.

(31) JOHANNES PAUL II., Ansprache vom 17. März 2001, L’Osservatore Romano, dt. Wochenausgabe vom 6.4.2001.

+ Bischof Javier Echevarria, Prälat des Opus Dei