Gespräch mit Jens Reich: Embryonenforschung und Menschenrechtsfrage

Molekularbiologe Jens Reich referierte im Feldmark-Zentrum

Prof. Jens Reich

Berlin - Der Molekulargenetiker Prof. Jens Reich war vor kurzem Gastreferent im Zentrum für Jugend- und Erwachsenenbildung Feldmark in Berlin Kreuzberg. Feldmark ist eine Berliner lnitiative von Berufstätigen und Studenten, dessen geistliche Bildungsarbeit von der katholischen Prälatur Opus Dei inspiriert ist.

Nach der Einführung durch Stephan Patt, den Leiter des Hauses, erläuterte Prof. Reich zunächst, die Grundlagen der Embryologie und stellte den Stand der heutigen Embryonenforschung dar. Sein Thema war dann die Menschenrechtsfrage im Zusammenhang mit der Embryonenforschung.

Wenn Mediziner heute durch künstliche Befruchtung Embryonen erzeugen, so bleiben nach der Anzüchtung immer einize Embryonen "übrig", die alle Voraussetzungen mitbringen, zu einem vollwertigen Menschen heranzuwachsen. Reich nahm dazu Stellung, ob diese überzähligen Embryonen nicht für wichtige Forschungsvorhaben, etwa die embryonale Stammzellforschung, verwendet werden dürften. Hier zeige sich, so Reich, ob man einem Menschen, auch im Embryostadium, einen unbedingten und unverfügbaren Wert zuerkenne, oder ob man, wie in den angelsächsischen Ländern üblich, einer Nützlichkeitsethik (Utilitarismus) folge, die die Folgen zweier Handlungen gegeneinander abwägt. Momentan sei in Deutschland noch weitestgehend die Ethik Kants akzeptiert, die jedem Menschen einen Wert in sich zuschreibt, demgegenüber ein noch so ehrenwerter therapeutischer Nutzen zurückzustehen habe.

Zur Frage des abgestuften Lebensschutzes in der Entwicklung eines Menschen vom frühen Embryostadium bis zum lebensfähigen Kind stellte sich Reich auf die Seite des unbedingten Respektes vor der Würde des Menschen in jedem Stadium und Bewusstseinszustand. Der Wissenschaftler sei für unverzichtbare Grenzziehungen zuständig.

In der anschließenden Diskussion unterstrich Prof. Reich, dass sowohl unter den Wissenschaftlern als auch in der Bevölkerung eine Diskussion darüber geführt werden müsse, was man in der Embryonen- und Genforschung wolle und was man nicht wolle. Kein Parlament könne etwas beschließen, was die Bevölkerung nicht wolle.

Dr. Wolfgang Hanuschick / Katholische Kirchenzeitung Berlin