Papst zum Auftakt der Synode: „Gott ist größer als unsere Logik“

Auszüge aus der Eröffnungsansprache von Papst Franziskus

Papst Franziskus als Hörender in der vatikanischen Synodenaula - ANSA

Kein Debattierklub, sondern Handlungsraum des Heiligen Geistes: Was die Synode ist und was sie nicht ist, hat Papst Franziskus den Teilnehmenden der Synode 2015 zu Ehe und Familie in seiner Eröffnungsansprache dargelegt. Er ermunterte zu offenem Reden, inhaltliche Fragen nahm er nicht vorweg. Der Papst lud namentlich die Bischöfe dazu ein, nicht den Mut zu verlieren, weder „angesichts der Verführungen der Welt“ noch „angesichts der Verhärtung einiger Herzen, die trotz guter Absichten die Menschen von Gott entfernen“. Das Glaubensgut der Kirche sei „kein Museum“, sondern eine „lebendige Quelle“. In den kommenden drei Wochen wird Franziskus an allen Tagen der Plenardebatten als Hörender anwesend sein, aber nicht mehr selbst das Wort ergreifen. Die XIV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode tagt bis 24. Oktober zum Thema „Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“.

„Kein Kongress, kein Sprechzimmer, kein Parlament"

„Die Synode ist, wie wir wissen, ein Miteinander-Gehen im Geist der Kollegialität und der Synodalität“ begann Franziskus seine Rede und benannte als die richtigen Herangehensweisen Freimut („Parrhesia“), pastoralen und doktrinalen Eifer, Klugheit und Aufrichtigkeit. Die Synode sei „kein Kongress, kein Sprechzimmer, kein Parlament oder Senat, wo man sich ins Einvernehmen setzt. Nein, die Synode ist ein kirchlicher Ausdruck, das heißt, die Kirche, die miteinander unterwegs ist, um die Wirklichkeit mit den Augen des Glaubens und dem Herzen Gottes zu lesen; es ist die Kirche, die sich über die Treue zum Glaubensgut befragt, das für sie kein Museum ist, das es anzuschauen oder bloß zu bewahren gälte“. Vielmehr sei das Glaubensgut „eine lebendige Quelle, an der die Kirche ihren Durst stillt, um den Durst des Lebensgutes zu stillen und zu erleuchten.“

Hören auf den Gott, der sich den Kleinen offenbart

Franziskus beschrieb auch den Raum, den die Bischofsversammlung und in ihr die Bischöfe in der Kirche einnehmen. „Notwendigerweise“, so der Papst, sei die Synode der Kirche und dem Heiligen Volk Gottes eingeschrieben, „dem wir als Hirten, das heißt als Diener angehören“. Darüber hinaus sei die Synode „ein geschützter Ort, wo die Kirche das Wirken des Heiligen Geistes erfährt. In der Synode spricht der Geist durch die Sprache aller Menschen, die sich von Gott leiten lassen, von Gott, der immer überrascht, von Gott, der sich den Kleinen offenbart in den Dingen, die er den Wissenden und den Intelligenten verbirgt; von Gott, der das Gesetz des Sabbat für den Menschen schuf und nicht umgekehrt; von Gott, der die 99 Schafe zurücklässt, um das einzige verirrte Schaf zu suchen; von Gott, der immer größer ist als unsere Logiken und unsere Rechnungen.“

Leben bringen statt Museum hüten

Die Synode könne freilich nur dann „ein Wirkungsraum des Heiligen Geistes“ sein, wenn die Teilnehmer „apostolischen Mut, evangelische Demut und vertrauensvolles Gebet“ übten, fuhr der Papst fort. Der apostolische Mut ängstige sich „weder vor den Verführungen der Welt, die in den Herzen der Menschen das Licht der Wahrheit zu ersticken drohen“, noch vor „der Verhärtung einiger Herzen, die trotz guter Absichten die Menschen von Gott entfernen“. Apostolischer Mut sei es, „Leben zu bringen und nicht aus unserem christlichen Leben ein Museum der Erinnerungen zu machen“.

Wider das Gefühl der Überlegenheit

Evangelische Demut hingegen bedeute, „sich von den eigenen Vorurteilen zu befreien“, den Brüdern im Bischofsamt zuzuhören und „sich mit Gott anzufüllen“. Im Umgang mit Gläubigen verhelfe eine solche Haltung der evangelischen Demut dazu, „nicht mit dem Finger auf die anderen zu zeigen, um sie zu verurteilen, sondern sie an der Hand zu nehmen und ihnen aufzuhelfen, ohne sich ihnen jemals überlegen zu fühlen“.

Das „vertrauensvolle Gebet“ sei „das Handeln des Herzens, wenn es sich Gott öffnet, wenn wir alle unsere Stimmungen zum Schweigen bringen, um die leise Stimme Gottes zu hören, der in der Stille spricht“. Und, wie der Papst vor den Synodenteilnehmern ausspricht: „Wenn wir nicht auf Gott hören, werden unsere Wörter bloß Wörter sein, die nicht den Durst stillen und nicht helfen. Wenn wir uns nicht vom Geist leiten lassen, werden unsere Entscheidungen bloß Ornamente sein, die, anstatt das Evangelium zu verherrlichen, es bedecken und verstecken.“

Papst dankt auch den Journalisten

Zum Abschluss seiner Eröffnungsansprache bedankte sich der Papst nicht nur bei den Synodenvätern und den anderen Teilnehmenden einschließlich der Hörer und Hörerinnen, sondern auch bei den Journalisten, die über die Synode von Rom aus oder von fern berichten. „Danke für eure leidenschaftliche Teilnahme und eure bewundernswerte Aufmerksamkeit“, so Papst Franziskus.

(rv 05.10.2015 gs)

Originalartikel von Radio Vatikan

Radio Vatikan