Überrascht von Gott: Eine junge Künstlerin aus China

Eine junge Chinesin, 23 Jahre alt, studiert im Konzertfach Klavier an der Anton Bruckner Musikuniversität in Linz. Im Studentinnenheim Währing in Wien, das dieses Jahr sein 50-Jahr-Jubliäum feiert, fand sie nach einem schweren Schicksalsschlag Freundinnen – und den Weg zu Gott.

Als ich im Jahr 2003 aus Lanzhou (VR China) nach Europa kam, ahnte ich noch nicht, dass sich nicht nur für mein Berufsleben wichtige Weichen stellen würden, sondern sich auch sonst in meinem Leben einiges verändern würde.

Ein Traum geht in Erfüllung: Wien!

Klavier üben und üben, bis zu dreizehn Stunden täglich: So sah mein Leben aus, wie für viele andere Chinesen auch, die eine musikalische Karriere einschlagen. Ich hatte damals ein großes Ziel: Ich wollte einen Wettbewerb gewinnen, der es mir ermöglichte, in Wien am Konservatorium weiterzustudieren. Es klappte! Mit dem Sieg im Wettbewerb sicherte ich mir eine Eintrittskarte für die „Stadt der Musik“, ebenso mein damaliger Freund, ein sehr talentierter Flötist. Wir hatten damals schon ernstere Pläne für eine gemeinsame Zukunft und dachten ans Heiraten.

(c) TU Wien

Doch es kam anders. Ich erfuhr den größten Schmerz meines Lebens: Mein Freund kam während eines Heimaturlaubes in China bei einem Autounfall ums Leben. Das war ein schwerer Schlag. Gottes Wege sind aufs erste nicht immer leicht zu verstehen. Ich erinnere mich noch heute an die Ratschläge, die mir einige Freundinnen meiner Mutter, die Christen waren, gaben: „Bewahre Dir den Glauben an Gott.“ Ich selbst war nicht getauft.

Währing – ein neues Zuhause

In dieser Zeit suchte ich ein Zimmer und fand einen Platz im Studentinnenheim Währing. Das war ein sehr großes Glück für mich. Hier wurde ich in meinem Wunsch nach beruflichem Weiterkommen sehr unterstützt, zugleich merkte ich, dass ich nicht den ganzen Sinn meines Lebens darauf aufbauen konnte, Karriere zu machen. Waren üben und Konzerte geben wirklich alles?

Durch den Tod meines Freundes hatte ich mir viele Fragen gestellt, ja, ich hatte ein Suchen nach und ein Ringen mit Gott begonnen. Durch mein Leben im Studentinnenheim bekam ich die ersten Antworten. Die Konfrontation mit dem Tod brachte mich langsam zurück in das Leben! Gemeinsam mit meinen Freundinnen vom Studentinnenheim machte ich Ausflüge, ich lernte Deutsch, wir kümmerten uns um Garten und Haus … und ich brauchte gar nicht mehr dreizehn verbissene Stunden zum Üben. Der Weg war lange, ich musste alte Gewohnheiten verlassen, ich befragte nicht mehr das Horoskop nach dem Schicksal meiner Tage, sondern wollte von nun an mein Leben selbst in die Hand nehmen und es mit der Hilfe Gottes in die rechten Bahnen lenken. Ich gewann immer mehr Vertrauen in Gott, der immer da war und für den ich aus jeder Etüde ein Galakonzert zu seinen Ehren machen konnte.

Ein Fest, eine Freude, ein tiefer Friede

Ich wollte mehr über den katholischen Glauben wissen, im Heim bekam ich Antworten auf meine Fragen. Nach einer gründlichen Vorbereitung und Auseinander- setzung mit dem katholischen Glauben und seiner Lebenspraxis wurde ich in der Osternacht 2005 in der Hauskapelle des Studen- tinnenheims Währing getauft. Alle halfen bei den Vorbereitungen mit, die Taufkerze und das weiße Kleid suchten wir gemeinsam aus, auch ein Paar Ohrringe, die ich jetzt noch bei jedem Konzert zur Erinnerung an den wichtigsten Moment meines Lebens trage. Ein Fest, ein Licht, eine Freude, ein großer Glaube in meiner Seele! Seit damals strömt tiefer Friede in mein Leben.

Inzwischen studiere ich bei einem Professor in Linz. Ich weiß, dass das Leben im Glauben jeden Tag erneuert werden muss. Um Christus im Alltag zu finden, lese ich das Evangelium, halte einige Momente des inneren Dialoges mit Gott und gehe regelmäßig zu den Sakramenten. In Linz treffe ich mich mit einigen Freundinnen vom Opus Dei, um Anregungen und auch Argumente für ein konsequentes Glaubensleben im Alltag zu bekommen. Nach allem, was ich erlebt habe, lautet mein Lebensmotto nun: Gott hilft sicher!