Menschliche Liebe & christliches Leben - Einführung

Einführung in die nach und nach erscheinenden Artikel über die menschliche Liebe in der Ehe und in der Verlobungszeit.

„Der Mann und die Frau sind „füreinander“ geschaffen, nicht als ob Gott sie nur je zu einem halben, unvollständigen Menschen gemacht hätte. Vielmehr hat er sie zu einer personalen Gemeinschaft geschaffen, in der die beiden Personen füreinander eine „Hilfe“ sein können, weil sie einerseits als Personen einander gleich sind („Bein von meinem Bein“) und andererseits in ihrem Mannsein und Frausein einander ergänzen. In der Ehe vereint Gott sie so eng miteinander, dass sie, „nur ein Fleisch bildend“ (Gen 2,24), das menschliche Leben weitergeben können: „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde!“ (Gen 1,28). Indem sie das menschliche Leben ihren Kindern weitergeben, wirken Mann und Frau als Gatten und Eltern auf einzigartige Weise am Werk des Schöpfers mit.“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 372).

In diesem Punkt fasst der Katechismus einige grundlegende Aspekte der Anthropologie der Schöpfung zusammen: Gott hat Mann und Frau die ursprüngliche Berufung zu einem gemeinsamen Leben verliehen. Die Ehe ist von Anfang an Teil dieser Berufung, die durch Jesus Christus für die Getauften zur Würde eines Sakramentes erhoben wurde.

Trotzdem ist es eine Tatsache, und nicht nur soziologisch gesehen (vgl. Papst Franziskus, Apostolisches Schreiben Amoris laetitia, Nr. 32ff), dass in den letzten Jahrzehnten aus verschiedenen Gründen der natürliche Sinn der Ehe und der Ehevorbereitung in der Verlobungszeit in allen Gesellschaftsschichten auch unter den Christen weitgehend verloren gegangen ist. Die Folge davon sind zerbrochene Ehen, emotionale Verwundungen, Vernachlässigung der Kindererziehung und die Zunahme nicht ehelicher Lebensgemeinschaften…

Die Kirche wird nicht müde, jeder Generation wieder die Freude der Liebe innerhalb der Familien aufzuzeigen (vgl. ebd. Nr. 1). Die Familie ist ja von Gott in den Dienst des Aufbaus des Reiches Gottes in der Geschichte gestellt worden und nimmt am Leben und an der Sendung der Kirche teil (vgl. hl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Familiaris consortio, Nr. 49). Diese Teilnahme macht aus der christlichen Familie „gleichsam eine ׳Kirche im Kleinen׳ (Ecclesia domestica, Hauskirche)“, denn sie ist auf ihre Weise ein lebendiges Bild und die Verkörperung des Geheimnisses der Kirche (ebd.). Deshalb sind auch die christlichen Eheleute dazu aufgerufen, von ihrer Verpflichtung Gott und dem Ehegatten gegenüber in der Welt Zeugnis abzulegen.

Die Verfasser der folgenden kurzen und grundlegenden Artikel beschäftigen sich schon seit vielen Jahren mit Überlegungen über die Familie. Vor allem aber haben sie praktische Erfahrung mit dem Leben in der Familie. Die Texte sind daher ausgesprochen praxisnahe und gründen auf eigenem Erleben. Sie basieren auf dem aktuellen kirchlichen Lehramt und den Lehren des hl. Josefmaria Escrivá, eines Meisters des christlichen Lebens.

Natürlich hat jede Familie ihren Privatbereich und ist irgendwie exklusiv. Jede Familie hat ihre eigenen Abläufe und Gewohnheiten, ihre eigene Vergangenheit, aus der kleine Traditionen, Gewissheiten und Sicherheiten entstehen. Sie besitzt eine gemeinsame Vertrautheit, die den Menschen, aus denen sie besteht, zur Stütze und zur Wurzel des persönlichen Wachstums wird.

Gerade diese Vertrautheit bestimmt den Wesenskern dessen, was die Familie ausmacht, und befähigt sie, nach außen zu wirken und sich anderen zu schenken. Man kann sagen, dass ihr Potenzial, aus sich herauszugehen, bleibende Beziehungen zu knüpfen und die Gesellschaft mit ihrer „Persönlichkeit“ zu beeinflussen, umso größer ist, je mehr sie sich ihrer besonderen Eigenschaften bewusst wird.

So ist also die Familie ein intimer Raum, der anderen Familien und letzten Endes allen Menschen offen steht. Daher ist das, was die Familie ausmacht, mitteilbar, mehr noch, es wird im Rahmen der gesellschaftlichen Beziehungen auf vielfältige Weise anderen mitgeteilt. Und genau das sollte der leider oft vergessene Bezugspunkt für die Politik sein, besonders, wenn es um die Verteilung von Unterstützungen, um Erziehung im ganzheitlichen Sinn, um die Regelung des Rechtes auf Arbeit usw. geht. Das betrifft auch die apostolische Aktivität der Ortskirchen, da ja die Familie als solche „Hauskirche“ ist.

Die Familie wird in dem Zuhause aufgebaut, das ihren Versammlungsort par excellence darstellt. Das Daheim im immateriellen Sinn schafft eine Atmosphäre des Vertrauens und des Verzeihens. In dem Ausmaß, in dem wir angenommen und bei unserem wahren Namen gerufen werden, den Gott selbst uns gegeben hat, sind wir in der Lage, unsere Vertrautheit mit den anderen zu zeigen und mit ihnen zu teilen. Wir werden dann fähige, reife Persönlichkeiten, die imstande sind, sich selbst hinzugeben und die persönliche Hingabe des anderen mit allen Konsequenzen entgegenzunehmen.

Zu Hause können wir uns daher selbst finden und uns wohl fühlen. Dieser Ort ist unser Ausgangspunkt; dorthin können wir immer wieder zurückkehren, denn dort gibt es keine Vorwürfe und Zensuren, weil wir dort voll Großzügigkeit so geliebt werden, wie wir sind. Dort wird uns Mut gemacht, nach Vollkommenheit zu streben, weil man sich um uns kümmert. Dort erfahren wir am besten die Einheit von Freude und Liebe als Ergebnis der Eintracht zwischen den Familienmitgliedern.

José Manuel Martín Q. (Hrsg.)